Samstag, 2. Mai 2009

Seelsorge konkret (1): Sharing "Joys and Concerns"


"Freud und Leid", so heißt das Gottesdienstelement, dass sich in vielen amerikanischen "mainline"-Denominationen finden lässt. Der Moderator oder Pfarrer fragt vor der Predigt in die Runde: Gibt es etwas mitzuteilen? Was folgt sind keine ellenlangen Abkündigungen irgendwelcher Gruppenaktivitäten, sondern das Mitteilen konkreter Gebetsanliegen: "Mein Vater liegt im Sterben...", "seit zwei Wochen sind wir Großeltern" - Gründe zur Klage und Fürbitte, aber auch Dankanliegen werden genannt.

Worum es dabei geht, ist mehr als nur der Austausch von Gebetsanliegen, die man sich dann auf seine Gebetsliste schreibt - hier findet Seelsorge statt! Im Gottesdienst, aber auch anschließend beim Kirchencafé, wenn sich Gespräche über die Anliegen ergeben und geschaut wird wie man den Einzelnen helfen kann.

Für das Mitteilen persönlicher Anliegen braucht es einen vertrauten, familiär geprägten Rahmen. Die Umsetzung dieses Gottesdienstelements in den Gottesdiensten der Landeskirche ist darum problematisch und eher in kleineren Gruppen praktikabel. Trotzdem lassen sich aus diesem Phänomen des "sharing" einige Thesen zur Seelsorge ableiten (sie dürfen gerne ergänzt werden...).

a) Seelsorge findet im Kontext der Kirche statt. Dabei verstehe ich Kirche nicht als Ortsbeschreibung, sondern als ein "support system".

b) Der Kirchenraum symbolisiert: Seelsorge geschieht "coram deo" - vor Gott.
c) Seelsorge ist nicht Sache des Pfarrers allein, sondern (Auf-)Gabe der Gemeinde.
d) Seelsorge kann ein Gespräch sein, wir müssen aber aufhören, nur in einem Gespräch Seelsorge zu sehen. Denn neben dem Gespräch bedürfen auch andere Phänomene der Seelsorge der kritischen Reflexion durch die Praktische Theologie.
e) Dadurch das "Joys und Concerns" ihren Platz vor der Predigt haben, wird der enge Zusammenhang zwischen Seelsorge und Verkündigung deutlich. In der Verkündigung wird auf Gott verwiesen, von dem wir Hilfe erwarten können.
f) Das Rechnen der Seelsorge mit dem Eingreifen Gottes konkretisiert sich in der Gebetspraxis der Gemeinde. Inmitten von Ohnmachtserfahrungen rechnet die Gemeinde mit der Allmacht Gottes.

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