Samstag, 25. April 2009

Sein wollen wie Gott?

Ich fange gerade an mich mit Pfarrerbildern zu beschäftigen. Wie oder was sollte ein Pfarrer sein?
Was ich bislang gehört und gelesen habe ist zum Verzweifeln:

Führer in das Heilige, Geistlicher Manager, Generalist (=hochbegabter Alleskönner?), Träger der Erinnerung, Repräsentant Gottes (!)... Bei solchen Beschreibungen wird mir ganz schlecht.

Natürlich ist es toll, wenn es uns gelingt, Menschen ins Heilige zu führen und sicher gibt es einem ein erhabenes Gefühl, wenn andere in einem Gott erkennen. Ich werde aber den Verdacht nicht los: Diese Bilder sind brandgefährlich. Mehr oder weniger sichtbar geht es dabei immer um Macht. Einerseits resultieren die Pfarrerbilder in Minderwertigkeitskomplexen der Autoren, die unter dem gefühlten Bedeutungsverlust des Pfarramtes leiden. Und andererseits überfordern sie unsere Pfarrer maßlos mit Ansprüchen, die sie niemals erfüllen können. Diese Bilder vergrößern das Machtstreben, das in jedem Menschen eh schon vorhanden ist. Dabei sagt Jesus doch: "ohne mich könnt ihr nichts tun...".

Vielleicht sollte mal eine Pastoraltheologie geschrieben werden, die nur beschreibt, was der Pfarrer nicht ist... Als eine Art Korrektiv... Eine Pastoraltheologie, die den Vikaren und Pfarrern dieser Welt sagt: Du wirst gebraucht, aber lass dein Machstreben hinter dir und lass Jesus (Pfarr-)Herr der Kirche sein.

5 Kommentare:

Achti hat gesagt…

Ja, das Pfarrerbild ist sehr im Umbruch.
Interessant sit dazu Michael Herbst's Gemeindeaufbaumodell. Er will weg von der Pfarrerzentrierung. Der P. für Mitarbeiter, die MA für die Gemeinde.
Dennoch bleibt die Frage, was bleibt und was geht. Ich denke, das wird sich je im individuellen Einzelfall neu entscheiden.

Daniel hat gesagt…

Und: "Negativ-Pfarrerbeschreibungen" sind halt immer auch eine Steilvorlage für Pfarrer, die weder von sich noch von Gott noch vom Glauben noch von der Gemeinde noch von der Kirche was erwarten... Aber andererseits: abusus non tollit usum...

Oliver hat gesagt…

@ Achti: Das Modell von Herbst finde ich auch interessant. In der Jakobusgemeinde gibt es für die Mitarbeiter nicht nur den Pfarrer, sondern auch einen Mitarbeiterreferenten, sozusagen ein hauptamlicher Coach.
Im Moment ist die Pfarrstelle übrigens vakant. Fast alle waren sich gestern in der Gemeindeversammlung einig, dass es der Gemeinde auch ohne Pfarrer sehr gut geht. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, wie wichtig es ist, vertraute Bezugspersonen im Gottesdienst zu haben. Auch wenn unser Pfarrer uns fehlt, sind bekannte und vertraute Liturginnen und Liturgen da, die in gewohnter Weise durch den Gottesdienst führen. Die Predigt hält immer jemand anderes, was viele als Bereicherung sehen.

@ Daniel: Guter Gedanke! Daran hab ich nicht gedacht. Wenn ich es so überlege, ist die Idee der Negativ-Beschreibung zu offen für Projektionen aller Art.

Tobi hat gesagt…

Hm, kann mich nicht erinnern, vor 10 Jahren schon mit Herbst gesprochen zu haben ... da dachte ich auch schon etwas in die Richtung ... Vor wenigen Monaten bin ich auch mal wieder drauf gekommen - und viel anders als vor 10 Jahren sehe ich die Stellung des Pfarrers in der Gemeinde nicht.

http://oliverbloggt.blogspot.com hat gesagt…

Tobi, du bist brilliant! Ein Vordenker! ; ) Nein, aber ganz ehrlich: Wir sollten es mit Nike halten: Just do it.

Es ist längst an der Zeit, dass wir das Ideal einer christozentrischen Gemeinde (und nicht pfarrerzentrierten Gemeinde) endlich umsetzen. In studentischen Gruppen wie Campus oder SMD oder auch in weiten Teilen des Pietismus ist das m.E. schon längst gelungen. Jetzt ist es an der Zeit, dass die landeskirchlichen Gemeinden "erwachsen" werden und ihr von Gott gebenes Potenzial erreichen. Let's do it!